Meinungsbeitrag von Peter Guthmann

Lass die Berliner Wohnungen kaufen!
 

Das Modell der Mieterstadt Berlin ist überholt. Es ist Zeit für mehr Eigentum. Eine Meinung von VWB Mitglied Peter Guthmann.

Zuviel Schaden ist schon angerichtet worden, indem Bürgern Jahrzehnte lang suggeriert wurde, der Staat würde und könne sie vor sich ändernden Realitäten schützen. Berlin ist aber keine Scholle mehr: Die Mauer, die Berlin 28 Jahre lang von Veränderungen und Entwicklungen trennte, ist in diesem Jahr genauso lange weg, wie es sie gab. Es wird Zeit für einen Weckruf: „Aufwachen! Wer jetzt nicht versucht, in Wohneigentum zu kommen, ist von Armut bedroht!“

Niemand will bestreiten, dass die Mieten und Kaufpreise steigen. Und nicht jeder Haushalt verfügt über ausreichend Eigenmittel. Meist ist das fehlende Eigenkapital die initiale Hürde zur Eigentumsbildung. Das haben CDU und SPD auf Bundesebene verstanden und wollen nun in der Fortsetzung der Großen Koalition Familien und Haushalte, die Wohneigentum zur Eigennutzung bauen oder kaufen möchten, mit einer Förderung und KfW- Bürgschaft unterstützen. Pro Kind soll es für die Dauer von 10 Jahren 1200 Euro Zuschuss geben. Die Grenze liegt bei einem Haushaltseinkommen von 75.000 Euro im Jahr und erhöht sich um 15.000 Euro mit jedem Kind. Eine große Herausforderung für Familien ist das Eigenkapital. Hier wird es Bürgschaften der bundeseigenen KfW geben, um auch finanziell weniger starken Familien das Bauen oder Kaufen zu ermöglichen. Das ist die Chance für Millionen Menschen, Eigentum zu bilden. Sogar in Berlin!

Allerdings müsste die Landespolitik in Berlin zuvor begreifen, dass Eigentum kein Verbrechen ist und Hauseigentümer, die umwandeln nicht automatisch Spekulanten sind. Der Wert der eigenen Immobilie muss wieder anerkannt werden. Nicht nur materiell, sondern auch für die Gemeinschaft. Wer im Eigentum lebt, behindert keine Stadtentwicklung; im Gegenteil tragen Eigentümer dazu bei, dass die beschworene Berliner Mischung nicht nur in 5 Jahren, sondern vielleicht sogar noch in 50 Jahren unsere Bezirke, Quartiere und Kieze charakterisiert.

Der Berliner Senat muss reagieren. Jetzt!

Denn die schönste Bürgschaft und die beste Förderung ist nichts wert, wenn dem Immobilienmarkt systematisch Wohnungen in großer Zahl durch den Milieuschutz entzogen werden. Wo keine Miethäuser in Eigentum umgewandelt werden, können Mieter keine Vorkaufsrechte ausüben.

Wer jetzt laut ruft, der Vermieter solle doch nach Teilung 7 Jahre warten, in denen er nur an Mieter verkauft, liegt falsch. Das funktioniert schon deswegen nicht, weil kein Eigentümer eine WEG mit einem oder wenigen Käufern gründen will. Anders gesagt: Wenn ein Haus aufgeteilt wird, muss sich auch eine Gemeinschaft entwickeln. Ob diese aus ehemaligen Mietern oder anderen Käufern besteht, spielt keine Rolle. Und Mieter, die Mieter bleiben wollen, sind gleichermaßen geschützt. Ergo kommen durch den Milieuschutz und 7 Jahren Wartezeit Mieter auch erst nach 7 Jahren in den Genuss des Vorkaufsrechts - nach 7 weiteren Jahren der Preissteigerung.  

Es lässt sich nicht oft genug betonen, dass es keine günstigere, einfachere, sozial verträglichere und mit den grundsätzlichen Zielen des Milieuschutzes besser vereinbare Art der Eigentumsbildung gibt, als den Kauf der eigenen Mietwohnung. Diese ist immer günstiger als freie Wohnungen. Sie ist bereits das Zuhause, mit allem, was dazu gehört: Nachbarschaft, Gewohnheiten, Lieblingskneipe oder Bäcker. Es ist das beste Mittel gegen Verdrängung.

Statt die Abhängigkeit der Berliner vom immer heißer drehenden Mietmarkt einzudämmen, unterstellen Senat und Bezirke ungehindert große Teile der Innenstadt der Erhaltungssatzung. Diese Verknappung von Wohnungen macht es für den normal verdienenden Durchschnittsbürger geradezu unmöglich, Eigentum zu erwerben. Während Senat und Bezirke den Schutzpatron des kleinen Bürgers mimen, spitzt sich die Wohnungsnot vor allen Augen weiter zu. Immer deutlicher wird, dass das, was als Mieterschutz verkauft wird, in Wirklichkeit zum größten wohnungs- und sozialpolitischen Fehler aller Zeiten wird und sich gegen jene wendet, zu deren Schutz es gedacht ist.

Mieter haben, anders als dies in Berlin gerne dargestellt wird, schon seit langem Rechte und Werkzeuge, die es ihnen ermöglichen, der Mietentwicklung nicht tatenlos zuzusehen. Leider werden sie dabei  weder moralisch noch finanziell unterstützt. Es drängt sich der Verdacht auf, die Wohnungspolitik beruhe auf dem Prinzip „Kontrolle durch Fürsorge“. Mieter sind Wähler.