Reform der Grunderwerbsteuer: In Deutschland diskutiert, in Großbritannien Realität

Seit dem 22. November 2017 sind in Großbritannien Ersterwerber von Wohneigentum bis zu einem Kaufpreis von 300.000 GBP von der Grunderwerbsteuer befreit. Das hat der britische Schatzkanzler Philip Hammond vor Kurzem verkündet.1 Die Befreiung von der Grunderwerbsteuer soll Hammond zufolge insbesondere dazu dienen, jungen Menschen den Kauf von Wohneigentum zu erleichtern. Damit wird in Großbritannien nun Realität, was in Deutschland bereits seit einiger Zeit diskutiert wird.

Angesichts der niedrigen Wohneigentumsquote in Deutschland fordern zahlreiche Stimmen aus Politik und Immobilienwirtschaft auch hierzulande eine Reform der Grunderwerbsteuer. Lediglich 45% der deutschen Haushalte leben im Eigentum, das ist der EU-weit niedrigste Wert. In Großbritannien beträgt die Wohneigentumsquote 63%.2
 

Grunderwerbsteuer erschwert Zugang zu Wohneigentum

Die deutschen Bundesländer bestimmen seit 2006 eigenständig über die Höhe der Grunderwerbsteuer. Bis dahin betrug sie bundesweit 3,5% des Kaufpreises, in den vergangenen zehn Jahren haben jedoch fast alle Bundesländer den Steuersatz angehoben. In fünf Bundesländern (Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Brandenburg und Thüringen) beträgt die Grunderwerbsteuer bereits 6,5% des Kaufpreises. Für die Bundesländer ist die Grunderwerbsteuer zu einer essenziellen Einkommensquelle geworden.

Die Höhe der Grunderwerbsteuer steht allerdings in der Kritik, weil sie die Kaufnebenkosten deutlich erhöht und dadurch Haushalten den Zugang zu Wohneigentum erschwert. Das größte Hindernis beim potenziellen Erwerb von Wohneigentum ist für viele private Haushalte das Aufbringen des nötigen Eigenkapitals. Durch die Grunderwerbsteuer erhöht sich diese Summe beträchtlich.
 

Experten und Politiker fordern Reform

Deshalb fordern inzwischen nicht nur Experten wie Prof. Michael Voigtländer vom IW Köln, sondern auch Teile der deutschen Politik, dass die Grunderwerbsteuer ähnlich wie in Großbritannien reformiert werden soll.3 Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein haben im Herbst einen Antrag in den Bundesrat eingebracht, dass ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer eingeführt und mit Bundesmitteln gefördert werden soll.4 CDU/CSU und die FDP hatten eine entsprechende Forderung zudem in ihren Bundestagswahlprogrammen fixiert.

Auch die SPD, die derzeit über die Bildung einer abermaligen großen Koalition diskutiert, ist mit der Forderung in den Wahlkampf gegangen, Familien den Zugang zu Wohneigentum zu erleichtern. Die Sozialdemokraten hatten jedoch keinen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer im Sinn, sondern einen Eigenkapitalzuschuss für Familien. Ob in der kommenden Legislaturperiode eine Reform der Grunderwerbsteuer in Deutschland zustande kommen wird, ist daher völlig offen.
 

1 immobilien-zeitung.de/1000048760/briten-streichen-erstkaeufern-grunderwerbsteuer
2 lbs-markt-fuer-wohnimmobilien.de/inhalt/bestandszahlen/wohneigentumsquoten-in-deutschland-europa
3 sueddeutsche.de/wirtschaft/immobilien-die-grunderwerbsteuer-koennte-reformiert-werden-1.3713610
4 haufe.de/steuern/gesetzgebung-politik/grunderwerbsteuer-fuer-selbst-genutztes-wohneigentum_168_426318.html