Berlin ist eine Mieterstadt. Wohneigentum ist dennoch wichtig.

Der Wohnungsmarkt in Berlin

In Berlin ist die Wohnungssituation angespannt. 2016 zogen etwa 50.000 Menschen in die Hauptstadt. Aktuelle Prognosen gehen von einem Wachstum auf über Vier Millionen Menschen bis spätestens 2035 aus. Obwohl die Zeichen in Berlin schon seit Jahren auf Wachstum stehen, war Wohnungsneubau lange Zeit nicht auf der Agenda der Landespolitik.
 

Miete hat Tradition.

Berlin war schon immer eine Mieterstadt, die in ihrer Geschichte bereits einige Wohnungsnöte durchlaufen hat, das erste Mal im 18. Jahrhundert, als sie die Marke von 100.000 Bewohnern überwand. Bis weit ins zwanzigste Jahrundert hinein entstanden Mietmaschinen, in denen die Menschen unter meist katastrophalen hygienischen und räumlichen Verhältnissen wohnten. In der Zeit des Nationalsozialismus spielte der Wohnungsbau nur eine untergeordnete Rolle. Prunkbauten hatten Vorrang und Eigentum war der Oberklasse vorbehalten. Mehr als ein Drittel der Wohnungen in Berlin fielen den Luftangriffen der Alliierten 1943 und 1945 zum Opfer; ganze Stadtviertel wurden zu Ruinenfeldern.
Entsprechend herrschte nach dem Zweiten Weltkrieg eine massive Wohnungsnot und der Wohnungsbau bekam höchste politische Priorität. 1950 schuf man mit dem ersten Wohnungsbaugesetz die Grundlage für den Bau hunderttausender günstiger Mietwohnungen durch Wohnungsbaugesellschaften. Mit der Beseitigung des größten Notstandes, rückte im zweiten Wohnungsbaugesetz von 1956 das private Wohneigentum, insbesondere für einkommensschwächere Bevölkerungsschichten, in den Fokus. Damit kamen erstmalig auch Privatpersonen in den Genuss von Fördermitteln. Parallel mit dem Bau von Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus, wurden nun auch Ein- und Mehrfamilienhäuser im Wohneigentum gefördert.

Mit der weiteren Entspannung des Wohnungsmarktes widmete sich die Stadt dann im Zuge der internationalen Bauausstellung 1984–87 (IBA Neu) der Stadterneuerung. In den 90er Jahren reduzierte die Politik den sozialen Wohnungsbau, um ihn 2002 schließlich komplett einzustellen.

Heute befindet sich Berlin in einer Phase neuen Wachstums. Die Kultur-, Kreativ- und Medienmetropole ist zu einem Top-Standort in Europa avanciert. Das mit dem Boom einhergehende Bevölkerungswachstum hat die Stadt in mancher Hinsicht überrascht, eröffnet aber auch große Möglichkeiten. Die leistungsstarke Forschungs- und Wissenschaftslandschaft, eine agile Start-up-Szene und die kulturelle Vielfalt der Berliner sind die Triebfedern für wirtschaftlichen Erfolg.

Nachdem es die Berliner eine Zeit lang (vor allem in den 90er und beginnenden 2000er Jahren) in die Außenbezirke zog, hat sich dieser Trend zwischenzeitlich umgekehrt. Für Haushalte aller Einkommensschichten ist die Innenstadt wieder ins Zentrum des Interesses gerückt. Fast die Hälfte aller Berliner wünscht sich innerhalb von 10 Jahren von der Miete zum Eigentum zu wechseln. Bei jungen Berlinern ist dies bei fast 80% zu einem zentralen Lebenswunsch geworden, wie eine Studie der Info Markt- und Meinungsforschung GmbH aus 2015 belegt.
 

Miete und Eigentum schließen sich nicht aus

Wenn die Immobilienpreise stärker steigen als die Einkommen und gleichzeitig privates Wohneigentum nicht gefördert wird, bietet die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen eine der wenigen Möglichkeiten, Eigentum zu erwerben. Und zwar Mietern ebenso wie privaten Vermietern. Die Politik ist gefordert, den Menschen in Berlin den Zugang zu Wohneigentum nicht zu verwehren. Ein ausgeglichenes Verhältnis von Miet- und Eigentumswohnungen bei einem guten Schutz von Mietern, aber ohne systematische Benachteiligung von Eigentümern und Vermietern wäre ein Zeichen für eine zukunftsorientierte Politik.