Berlin, 10. November 2017 – Das Land Berlin ist das einzige Bundesland, das die Förderung von Wohneigentum in seiner Landesverfassung prominent verankert hat. Nach Art. 28 Abs. 1 S. 2 der Verfassung von Berlin (VvB) verpflichtet sich das Land Berlin dazu, die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen sowie die Bildung von Wohnungseigentum zu fördern. Wohnraumförderung setzt ein ausgewogenes, angemessenes Förderkonzept voraus, welches sowohl den Markt für Mietals auch für Eigentumswohnungen in den Blick nimmt. Ein Bevorzugen bestimmter Steuerungsinstrumente ebenso wie die gänzliche Vernachlässigung der Wohnungseigentumsförderung stehen im Widerspruch zum Leitbild der Verfassung. Der Landesgesetzgeber ist aufgerufen, die Mietmarktförderung und die Wohnungseigentumsförderung in seine wohnungspolitischen Richtungsentscheidungen aufzunehmen.
Zu diesem Ergebnis kommt ein aktuelles Gutachten von Prof. Dr. jur. Steffen Hindelang, Freie Universität Berlin, im Auftrag des Vereins zur Förderung von Wohneigentum in Berlin.
„Pauschale Bevorzugungen bestimmter Steuerungsinstrumente sollten sich vor dem Hintergrund der Komplexität der Wohnungswirtschaft genauso verbieten wie die gänzliche Vernachlässigung der Wohnungseigentumsförderung. Einseitig von einer Wohnungseigentumsförderung abzusehen, widerspricht dem landesverfassungsrechtlichen Leitbild eines ausgewogenen Förderungskonzepts. Die Anforderungen an Rechtfertigung und Begründung wohnungspolitischer Entscheidungen sind daher aus verfassungspolitischer Sicht hoch. Gerade weil die Verfassung ein – dem Grunde nach – ausgewogenes Förderkonzept verlangt, sollte jede wohnungspolitische Schwerpunktsetzung durch besondere Gründe gerechtfertigt sein“, führt Professor Hindelang aus. Eine Begründung, warum die in der Verfassung verankerte Förderung von Wohneigentum nicht verfolgt wird, bleibt die Berliner Regierung bisher schuldig.
„Das vorliegende Gutachten bestätigt, dass der Senat die eigene Verfassung missachtet. Wohneigentum wird von dieser Regierung behindert und nicht gefördert. Insbesondere die Umwandlungsverbotsverordnung, in Verbindung mit der zunehmenden Ausweisung von Milieuschutzgebieten, sorgt für eine immer stärkere Verknappung des Angebots im preisgünstigeren Bestandsbereich. Das wird in den kommenden Jahren besonders deutlich spürbar werden. Gerade für Haushalte mit niedrigerem Einkommen ist der Bestandsbereich oft die einzige Möglichkeit günstig Wohneigentum zu erwerben. Gleichzeitig wurde die Grunderwerbsteuer in Berlin mehrfach auf mittlerweile sechs Prozent erhöht, eine Förderung zur Bildung von Wohneigentum fehlt in der Bundeshauptstadt vollkommen“, sagt Jacopo Mingazzini, Vorstandsvorsitzender des Vereins zur Förderung des Wohneigentums in Berlin. „Statt dem Verfassungsauftrag gerecht zu werden, lässt diese Regierung eine historische Chance ungenutzt, das niedrige Zinsniveau zu nutzen, um vielen Berlinern zu Wohneigentum zu verhelfen, was sich 78 Prozent der jüngeren Hauptstädter wünschen, wie eine Studie der Berliner Bank belegt“, ergänzt Mingazzini.
„Im Übrigen ist auch die Rechtsprechung mit der Wohnungspolitik des aktuellen Senats scharf ins Gericht gegangen“, so Mingazzini weiter. Das Landgericht Berlin hat die Vorkaufsrechtspraxis der Berliner Bezirke in Milieuschutzgebieten Ende April 2017 für rechtswidrig erklärt. Der betroffene Bezirk Tempelhof-Schöneberg will in Revision vor dem Berliner Kammergericht gehen. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum Senat und Bezirk das Urteil ein halbes Jahr unter Verschluss gehalten haben“, erklärt Mingazzini. „Die Berliner Regierung ignoriert damit sehenden Auges die Tragweite eines ausführlich begründeten Urteils, das keinerlei interpretatorischen Spielraum zulässt.“
Über den Verein zur Förderung von Wohneigentum in Berlin e.V.:
Der Verein zur Förderung von Wohneigentum in Berlin e.V. (VWB) wurde im Jahr 2017 gegründet und hat sich zu Aufgabe gemacht, die Bildung von Wohneigentum in Berlin einzufordern. Wir erinnern den Senat an seine Verpflichtung aus der Berliner Verfassung. Der VWB setzt sich für mehr Wohneigentum in Berlin, für weniger Hemmnisse im Neubau und weniger Regulierung ein.