Überregulierung in Berlin: Kühlt sich der Immobilienmarkt ab?

In Berlin häufen sich nervöse Stimmen, die angesichts der Regulierung des Marktes von einer Trendwende bei Kaufpreisen und Mieten ausgehen. Neuerlicher Auslöser der Debatte ist der Mietendeckel, der im Juni beschlossen wurde und die Mieten für nicht preisgebundene Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern in Berlin für die Dauer von 5 Jahren einfrieren soll.  Bislang sind nur die Eckpunkte bekannt. Es ist die Rede von einer allgemeingültigen Mietobergrenze, von möglichen Mietreduzierungen und von drakonischen Strafen bei Missachtung des noch nicht existierenden Gesetzes.

Neben Erhaltungssatzungen, Umwandlungsverordnung und Vorkäufen zugunsten Dritter dient auch die jüngste Maßnahme der Linken Bausenatorin Katrin Lompscher nicht dazu, den Wohnungsmarkt durch die Schaffung neuen Wohnraumes zu entspannen. Im Gegenteil ist damit zu rechnen, dass private Vermieter sich nun stärker als zuvor dem Modell der Aufteilung zuwenden. Die Umwandlung von Mietshäusern in Wohneigentum wird zwar im Milieuschutz und durch die Umwandlungsverordnung erschwert. Die Hindernisse sind überwiegend zeitlicher Natur, durch die Verpflichtung der aufteilenden Eigentümer, für den Zeitraum von 7 Jahren nur an Mieter zu verkaufen. Es ist zu erwarten, dass nun eine Welle von Umwandlungen auf Vorrat bevorsteht. Preisliche Auswirkungen durch eine Ausweitung des Angebotes auf dem Immobilienmarkt in Berlin stehen, wenn überhaupt, erst in einigen Jahren an.
 

Wird der Mietendeckel den Markt für Mietshäuser tangieren?

Wahrscheinlich ist, dass der Markt für Mietshäuser in Berlin nicht vom Mietendeckel unberührt bleiben wird. Bereits mit Einführung immer neuer Milieuschutzgebiete in den vergangenen Jahren war eine aufkommende Zurückhaltung bei Käufern festzustellen.Jede Art von Investition setzt eine Mindestrendite voraus, um langfristig zu funktionieren. Verwehrt der Gesetzgeber Eigentümern und Käufern auf lange Frist die Entwicklung eines Mietshauses, und schlimmer noch, auch seine Instandhaltung, stehen keine ausreichenden Mittel für die Bewirtschaftung zur Verfügung. Die in den Abwendungsvereinbarungen geforderten Zugeständnisse der Käufer sind bereits ohne Mietendeckel wirtschaftlich kaum leistbar. Kommt der Mietendeckel hinzu, werden Transaktionen im Bereich über einen bestimmten Faktor hinaus nicht mehr darstellbar. Finanzierungen gestalten sich schwieriger, Eigenkapitalquoten müssen erhöht werden. Ein weiteres Problem ist, dass den Käufern in Abwendungsvereinbarungen Fristen von 20 Jahren abverlangt werden, innerhalb derer sie sich über die eigentlichen Ziele der Erhaltungssatzung hinaus verpflichten, eine Reihe von Maßnahmen am Gebäude zu unterlassen, die mieterhöhend wirken. Der Mietendeckel schaltet dem 20-Jahres-Zeitraum weitere 5 Jahre vor, die nach hinten fehlen.

Die Probleme sind die selben, wenn Vorkäufe zugunsten Dritter, in den meisten Fällen zugunsten kommunaler Wohnungsbaugesellschaften, ausgeübt werden. Auch Kommunale müssen wirtschaftlich agieren, auch sie kalkulieren ihren Ankauf unter Einbeziehung von Mieterhöhungen im Rahmen des Zulässigen.
 

Erosion von Gebäuden und Quartieren vorhersehbar

Eingefrorene Mieten gehen Hand in Hand mit der Zurückstellung auf unbestimmte Zeit von Investitionen in die Gebäudestruktur. Vermieter können keine Rückstellungen mehr bilden; Finanzierungen zum Erhalt oder der Verbesserung des Wohnwertes werden schwierig bis unmöglich, da Umlagen der Kosten nur noch sehr bedingt möglich sind. Die Konsequenzen der folgenden Erosion sind nicht nur in Form des Wertverlustes der Immobilie fatal, sondern auch für deren Bewohner. Neben der sinkenden Wohnqualität greift der Instandhaltungsstau von den Gebäuden auf das Umfeld über. Mit den Häusern beginnen auch die Quartiere zu erodieren, verlieren an Attraktivität und in der Folge wandern Bewohner mit höheren Einkommen ab, um an anderer Stelle Eigentum zu bilden. Die Trennung nach Vierteln für Mieter und Quartieren für Wohneigentümer ist die langfristige Folge. Die Gefahr einer Ghettoisierung  ist in diesem Zusammenhang nicht überzogen. Die Vergangenheit zeigt, dass langfristig ausbleibende Investitionen letztlich zur Bildung von Problemzonen, bis hin zu rechtsfreien Räumen führen.
 

Leidtragende sind auch die Mieter

Der Berliner Senat, der in seiner ideologischen Grundhaltung nicht dazu in der Lage ist, die paradoxen Wirkungen der eigenen Politik zu verstehen, schadet Mietern und Vermietern gleichermaßen. So sollen Milieuschutzgebiete die Quartiere vor strukturellen Veränderungen bewahren und die Mieter vor Verdrängung schützen. Das Gegenteil davon passiert. Mieter müssen damit leben, dass Wohnungen nicht barrierefrei ertüchtigt werden, sie müssen sich damit abfinden, dass überholte Standards zum Dauer Status-Quo werden und sie werden daran gehindert Eigentum zu bilden, wenn sie nicht das gewohnte Umfeld verlassen wollen.
 

Entfällt mit dem Mietendeckel auch das letzte Argument für Vorkäufe durch Bezirke?

In einigen Berliner Bezirken, darunter Kreuzberg und Neukölln, üben die Bezirksämter systematisch die Vorkausfrechte nach § 24 BauGB aus. Das Argument, der Vorkauf würde zum Wohle der Allgemeinheit ausgeübt, wird mit der Einführung des Mietendeckels weiter geschwächt. Es ist nicht vermittelbar, warum Mietshäuser, deren Miete durch den Mietendeckel bereits gekappt sind, zum Wohle der Allgemeinheit durch Vorkäufe vom (bereits nicht mehr) freien Wohnungsmarkt entnommen werden sollen. Der Landesgesetzgeber und die Bezirke regulieren die Mieten und den Markt bereits jetzt in jeder erdenklichen Weise. Es wird zu beobachten sein, wie die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, die bereits heute von den Bezirken zu diversen Vorkaufsfällen überredet werden müssen, mit dem Mietendeckel in der Wirtschaftlichkeitsberechnung umgehen können. Für den Steuerzahler zeichnen sich bereits jetzt durch die Vorkaufspraxis der Bezirke unkalkulierbare Risiken ab. Wenn bei Vorkäufen mit Mietendeckel die sich erhöhende Deckungslücke wieder beim Steuerzahler akkumuliert wird, ist es eine Frage der Zeit, bis auch Steuerzahlerverbände die Praxis gerichtlich klären lassen werden.